Der Vorstand überlegt schnell einen Plan B, in einer halben Stunde soll zum Haus der neuen Majestät marschiert und von dort die Königinnen und Vorstandsdamen ausgeholt werden. – So lautet Plan A, der aber bei einem derartigen Regenguss wohl kaum zur Ausführung kommen wird.
Der Adjudant, einer der beiden Nebenläufer des Majors, kommt gerade zurück, er hat die Königsfahne, eine grün-rote Vereinsfahne mit aufgestickter goldener Krone vom Haus des jetzt ehemaligen Jungmännerkönigs zur Residenz des aktuellen Würdenträgers gebracht. Dort herrscht erwartungsgemäß hektisches Treiben, Getränke etc. müssen organisiert werden. Ein Kindermädchen für den Abend, eigentlich waren die Schwiegereltern vorgesehen aber die sind natürlich später Gäste am Königstisch.
Während oben auf der Bühne weitere Glückwünsche entgegen genommen werden, setzt „Häuptling der-vor-ihm-schoss“ zum Heimweg an, er war so verdammt nah dran….
Der Wettergott hat doch noch ein Einsehen, es bestand lange Zeit keine Hoffnung auf Wetterwechsel, -besserung. Das Antreten wurde um 20 Minuten hinausgezögert, die muss man jetzt irgendwie wieder einholen. Erneut unter den Klängen des Präsentiermarsches kommen die Kettenträger und Vorstandsmitglieder aus dem Haus marschiert, diesmal mit Partnerin. Auch die Majore und die Reiterei ist an der Zugspitze in weiblicher Begleitung. Paarweise ordnen sich die Würdenträger mit den feierlichen Roben in die Marschordnung ein. Vornehmlich für den weiblichen Teil der Zuschauer am Straßenrand Anlass, sich „auszutauschen“.
„Hatte die das nicht schon im letzten Jahr an?“
„Das sieht aber gut aus!“
„Etwas unvorteilhaft, findste nicht? – gerade bei der Figur… also ich weiß nicht…“
„Die kann ja alles tragen!“
„Die ha’m sick alle uff ihre Art Mühe jejeben und schick jemacht, det alleen is doch wichtig, wenn halt ma eene dabei is die von de Natur her andere Voraussetzungen hat, denn is det halt so, – Ick find die sehn alle wunderschön aus!“ Mariannes offenes und ehrliches Plädoyer erntet zunächst großes Erstaunen, nach kurzer Zeit des Überlegens stimmen die umstehenden „Moderatorinnen“ ihr jedoch zu.
„So hab ich das ja auch nicht gemeint…“
Rainer lässt die Polonaise erst an sich vorbei ziehen, bevor er sich einreiht. Auch er bewundert das Äußere der Königinnen, wobei ihm manchmal nicht das, was sie an haben ein Lächeln entrückt sonder eher das, was sie nicht anhaben.
„Hätte ick doch jetz bloß keen Wasser jetrunken, denn könnt ich det allet doppelt sehen!„, gerät er ins Schwärmen – und zu seiner Frau ein kleiner Seitenhieb:
„Ick hab jerade ne Könijin jefunden – morgen werd ick mitschießen!“
Die „Vorzüge“ des Doppeltsehens relativieren sich aber ganz schnell als er merkt, dass diesmal ihm in die Hacken getreten wird, sein Hintermann scheint wohl etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben. Die Vorwärtsbewegungen erwecken nicht den Eindruck als würde vollständige Kontrolle darüber herrschen.
„Würstchen, heiße Würstchen!!!“
„Angenehm, ich heiße Schulte-Graute…. einmal ‚Bahnschranke‘ bitte“
Noch geht es an der Pommesbude direkt neben dem Saaleingang entspannt zu, sobald aber der festliche Zug eingetroffen ist, die Ehrentänze getanzt sind, werden die Damen und Herren hinter dem Grill und an der Friteuse mächtig ins Schwitzen kommen. Langsam aber sicher füllen sich die Bürgersteige rund um das Vereinslokal.
„Von wo kommen die denn gezogen?“
„Ich denke mal, hier die Hauptstraße entlang, – ist doch der kürzeste Weg.“ Und ein Blick in den Himmel verrät, dass der schnellste Wet vermutlich auch der sicherste sein wird.
Die Tanzband, die für die beiden Königsbälle am Samstag und Sonntag engagiert wurde, macht einen letzten Soundcheck. Die neue Front-Frau ist heute zum ersten Mal dabei, hüstelt noch etwas verlegen vor sich hin, lutscht an einem Hustenbonbon, – das Schlimmste, was ihr jetzt passieren könnte wäre, dass ihr die Stimme versagt, – davor hat sie am meisten Angst.
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