Fast hätte man die Fahrt am Freitag, den 13. „nur“ als Probelauf denken können. Es regnete, zwischendurch, immer mal wieder. Probelauf wofür? Urlaub auf Balkonien, macht aber eigentlich keinen Spaß bei Regen. Aber dann kam doch zwischendurch die Sonne und die Frage nach dem Kaffee; der schmeckte auf Balkonien.

Geht man durch die Innenstadt von Emsdetten und schaut sich mal um, entdeckt man viele Balkone an den Häusern; man muss nur mal hinschauen. Das macht Garvin Dickhof auf seinem Balkon. Kein Balkon am Haus, sondern ein Balkon auf einem Steiger, wie ihn Dachdecker, Fensterputzer, Handwerker halt benutzen. Nur der Steiger von Garvin Dickhof hat Blumenkästen am Geländer, Balkonsichtschutz darunter, zwei Stühle und einen Tisch, dazu einen Grill und eine Kaffeekanne.

Wenn man mit diesem Steiger durch die Stadt fährt an den Balkonen vorbei in Höhe der 2. Etage und es ist gerade kein Regen, dann bekommt die Frage ob der Kaffee schmeckt ihren eigenen Sinn. An Freitag, dem 13. und am samstäglichen Markttag hat der Kunstverein Galerie Münsterland Aktionstage für die Dettener Innenstadt organisiert. Nix spektakuläres, „Großes“, sondern eine eher zurückhaltende Aktion zur Stadtraumeroberung. Es ist der erste Event, der aus den vielleicht etwas versteckten Räumen zwischen Stoetmanns Fabrik und der EMS-Halle hinaus in die Stadt führt.

Langsam, im „Schildkrötentempo“, nicht in „Hasengeschwindigkeit“ –die zwei gibt es –fährt der Hebebalkon durch die Stadt. Er will verwundern, erstaunen, aufmerksam machen und deshalb ertönt auch gelegentlich ein Warnsignal, es ist halt eigentlich ein Baustellenfahrzeug, mit dem Garvin Dickhof sich bewegt. Und schaut man ihm hinterher, wenn er nach oben fährt, auf die Balkone schaut, Kaffee anbietet, ist man erstaunt über die vielen Anlaufstellen, die in der Stadt sind. Auch am Rathaus fuhr der Künstler in einer Regenpause am Freitag vorbei; und das Rathaus hat auch einen Balkon. Den Balkon nutzte „zufällig“ Christina Lüttmann, die Vorsitzende des Kulturausschusses und sie bekam eine Bratwurst vom fahrenden Balkon.

Am Samstag war die Neugierde größer. Sonnenschein und Markt in Emsdetten, da sind viele auf den Beinen, bemerkten und bestaunten den Hebebalkon, blickten nach oben und lächelten. Emsdetten ist nicht der erste Ort an dem der Steiger an Balkonen andockte oder sich einen Überblick über die Stadtlandschaft verschaffte. Während der Coronazeit istdie Idee entstanden. Um Kontakt trotz Distanz zu halten. Und jetzt dockt der Hebebalkon an den anderen Balkonen an, weiter oben, da kommt man ja sonst nicht so ohne weiteres vorbei, nur mit dem Steiger schafft man das. Der Blickwinkel verändert sich dadurch; man sieht Dinge, die man sonst übersieht. Das ist der Antrieb von Garvin Dickhof, Kontakt finden und den Blick auf etwas zu lenken, was sonst nicht oder auch nicht mehr bedacht wird. Das ist Stadtraumeroberung.
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