Einblick in die tägliche Arbeit des Krisenmanagements

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Seit Beginn der Corona Pandemie ist im Steinfurter Kreishaus nichts mehr wie zuvor. In der Kreisverwaltung an der Tecklenburger Straße laufen alle Fäden des Krisenmanagements für die 24 kreisangehörigen Städte und Gemeinden zusammen. Wie sieht das konkret aus? Wir nehmen Sie mit auf eine kurze Tour durch den Sitzungstrakt im Kreishaus, wo jetzt der Krisenstab, das Lagebüro und das so genannte Ermittlungs- und Tagebuchteam eingerichtet sind.

Der Zugang durch den Seiteneingang ist seit Tagen abgesperrt. Nur berechtigte Mitglieder mit Chip und Ausweis kommen in diesen Bereich. Gut 30 Personen sind Teil des zentralen Krisenstabes, der seinen Sitz im „kleinen Sitzungssaal“ hat, wo sonst die politischen Ausschüsse tagen. Drei Mal täglich tritt dieser zusammen, erörtert „die Lage“, trifft Entscheidungen und verteilt Aufgaben. Vorher, gleichzeitig und fast durchgehend sind einige Hundert weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung eingebunden. Etwa 15 davon sitzen in den beiden Räume direkt nebenan. Die IT-Abteilung hat dort quasi über Nacht ein Callcenter hochgezogen mit Computern, Telefonen, Headsets und Druckern. Im drei-Schichten- Betrieb arbeitet das so genannte „Ermittlungsteam“ täglich von 6 Uhr 30 bis um 0 Uhr. Und wenn der leitende Arzt im Krisenstab sagt: „Was das Team dort drüben leistet, ist fast das Wichtigste im Moment“ – dann lohnt ein genauerer Blick.

Etwa 50 Kolleginnen und Kollegen aus der Kreisverwaltung – sonst in ganz anderen Bereichen tätig – sind geschult worden, um die Gesundheitsaufseher zu unterstützen, die mit aktuell drei Personen sonst keine Chance hätten. Die Ermittler haben die Aufgabe, Testergebnisse aus den Labors mitzuteilen, Kontaktpersonen zu Corona-Infizierten zu ermitteln und telefonisch die Menschen offiziell über Quarantäne und Auflagen zu informieren. Kontaktketten unterbrechen! Darum geht es, und darum ist diese Aufgabe so wichtig.

Wer also bisher vielleicht im Jugendamt tätig war, muss nun am Telefon gute oder weniger gute Nachrichten übermitteln. „Sie hatten Kontakt mit einer positiv getesteten Person. Ich muss Ihnen hiermit eine Quarantäne aussprechen.“ Dann kommen viele Fragen und Formalitäten, damit die Datenbank korrekt ist und der Daten-Transfer an die zuständigen örtlichen Ordnungsämter erfolgen kann. Diese schicken eine „Ordnungsverfügung“ und weitere Informationen, die auch für die Meldung beim Arbeitgeber wichtig sind.

Täglich zunehmend sind die Anrufe mit dem Ergebnis „Sie sind positiv getestet worden und müssen sofort in die Selbst-Isolation“. Umgehend startet ein festgelegter Ablauf. Vor allem geht es darum, alle weiteren Kontaktpersonen, die angesteckt sein könnten, schnellstmöglich zu ermitteln und ebenfalls mit einer Quarantäne zu belegen. „Dann erhalten wir Listen mit teilweise 20 und mehr Personen, die alle abtelefoniert werden müssen“, hört man aus dem Lageteam im Raum schräg gegenüber. Dort nämlich ist der zentrale Posteingang für alle Meldungen rund um Corona. Das dreiköpfige „Lageteam“ sichtet alle eingehenden Mails, täglich aktuell etwa 300, Tendenz steigend. Priorität eins haben die Laborergebnisse, die oftmals in den Abendstunden eingehen. „Die Positiven“ werden sofort ausgedruckt und ins Ermittlerteam gebracht. Besondere Eile ist zudem bei sensiblen Gruppen wie Personen aus Arztpraxen, Krankenhäusern oder Altenheimen geboten. Viele weitere Mails stammen von Ärzten, die Verdachts-Personen melden. Oder die lokalen Ordnungsämter haben Nachfragen. Auch dabei sind Mails aus ganz Deutschland, die Kontaktpersonen mit Wohnsitz im Kreis Steinfurt melden, damit sich die zuständigen Ordnungsämter vor Ort kümmern. Weitere besorgte Nachfragen stammen von Bürgerinnen und Bürgern. Alle Mails werden dem Ermittlungsteam zugeleitet und dort nacheinander abgearbeitet. Zentral dabei ist die Dokumentation der Gespräche und Kontakte in der Corona – Datenbank, die zuvor in manchen Nachtschichten durch das IT–Team aufgebaut worden war.

Gute Daten sind auch deswegen so wichtig, weil alle Infizierten oder Kontaktpersonen, die in Isolation oder Quarantäne sind, täglich vom „Team Tagebuch“ angerufen werden.

Dieses Team sitzt ein Stockwerk höher und besteht aus etwa 40 Kolleginnen und Kollegen, die alle, wirklich alle derzeit fast 1100 Personen täglich anrufen und befragen: „Wie geht es Ihnen? Haben Sie eventuell Symptome entwickelt? Brauchen Sie Hilfe?“. Leicht vorstellbar, dass manches Gespräch sehr persönlich ist und viel Empathie erfordert, denn Isolation und Unsicherheit macht vielen sehr zu schaffen.

Die Gespräche werden in der Datenbank als „Tagebuch“ dokumentiert, und auch hier stehen wie im Ermittlerteam Ärzte für eine fachliche Unterstützung bereit.

Wenn also jeden Morgen eine Meldung zum aktuellen Stand der Infizierten und der Menschen in Quarantäne veröffentlicht wird, dann ist die Qualität der Daten genau diesen vielen Helfenden im Hintergrund zu verdanken. Und das viel zitierte Ziel „#flattenthecurve“ hängt ganz wesentlich von diesen Telefonteams ab. Das weiß der zentrale Krisenstab, der sich in jeder Sitzung informieren lässt und diese Arbeit thematisiert. „Eine tolle Leistung und absolut zentral für unser Ziel: Zeit gewinnen und eine optimale Versorgung garantieren für alle, die noch erkranken werden!“

Am allerwichtigsten bleibt jedoch: helfen Sie mit, bleiben Sie zuhause und vermeiden Sie unnötige soziale Kontakte!

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