
Visionär aber nicht utopisch. Der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen hatte in den Lichthof von Stroetmanns Fabrik zum ersten Emsdettener Zukunftsgespräch eingeladen. Den Auftakt bildete das Thema „Stadt entwickeln – Wohnen neu denken“. Weitere Themen wie bspw. Klimaneutralität oder Innenstadtattraktivierung sollen im nächsten Jahr folgen, sind aber noch nicht terminiert und konkretisiert.
Ann-Kathrin Kahle und Carsten Lüke begrüßten neben annähernd 70 Bürgerinnen und Bürgern die beiden Referenten Frau Professor Dr. Ing. Anja Rosen die zum Thema „Zukunftsweisend Bauen innerhalb der planetaren Grenzen“ referierte sowie Gregor Rösler als Vorstandsmitglied der WiGe eG.. Rösler stellte ein genossenschaftlliches Wohnprojekt in Warendorf vor.
Anja Rosen ist Architektin und ihre Branche ist, wie sie selber gesteht, nicht ganz unschuldig an der Situation, wie sie sich heute vorfindet, arbeitet aber seit einiger Zeit auch wissenschaftlich an einem Umdenken. Nachhaltiges Bauen umfasst so viele Gebiete, von verantwortungsvollem Flächenverbrauch über effizientere, ressourcenschonende Bauweisen, multifunktionale Nutzung von Gebäuden bis hin zu verantwortungsvollem Rückbau und Verwertung des hierbei entstehenden Abraums.

Sie begann gleich mit einigen Zahlen bevor sie dann mehr und mehr auch Beispiele aufzeigte, die vielfach schon nicht mehr nur Ideen sondern umgesetzte Projekte sind.
50 % aller Rohstoffentnahmen gehen ins Bauwesen. 58 Hektar Land werden täglich neu versiegelt. 40 % aller Treibhausgase resultieren aus Bau oder Betrieb von Gebäuden. 53 % aller Abfälle sind dem Bauwesen zuzuordnen. Der Wohnraum pro Person hat sich in den letzten 50 Jahren fast verdoppelt, war es in ihrer Kindheit noch üblich, dass sich Geschwister eion Zimmer teilten, hat heute jede/r sein/ihr eigenes Reich – Das alles zeigt auf, dass wir vermutlich schneller als uns lieb ist, unsere Grenzen erreichen. Die Weltbevölkerung hat sich in dem aufgezeigten relativ kleinen Zeitraum verdoppelt. Wenn wir in gleichem Tempo mit dem Flächenverbrauch und der damit einhergehenden Verdrängung der landwirtschaftlichen Nutzflächen, die ja zwingend für die Nahrungsmittelproduktion gebraucht werden, weitermachen, dann bleibt es ein Rechenbeispiel, wann wir unsere Grenzen erreicht haben.
Häufig ist schon durch Entkernung von Altbauten, die vorher industruellen Zwecken gedient haben oder Bürohäuser waren, kreativ anspruchsvoller Wohnraum zu schaffen. Dabei bleibt das eigentliche Skelett erhalten. Vielfach können die Materialien nach Bearbeitung wieder verwendet werden. „Das ist aber leider insbesodere bei den Bausünden der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts häufig sehr schwierig.“ erfuhren die Zuhörer von den verwendeten Materialien und der Art, wie sie verarbeitet wurden. Anschauliches Beispiel war hier das Opjekt Bogenallee 10 in Hamburg, hier wurde aus einem Bürohaus im Kasernenstil attraktiver Wohnraum geschaffen. Hier werden bspw auch Heizkosten gespart, weil man von der Wärme der jeweiligen Nachbarwohnungen profitiert und selbst die „Randwohnungen haben diesen Effekt noch zu einer Seite. Kollektive Räume für Waschmaschinen/Trockner, die gemeinschaftlich genutzt werden, sparen Wohnfläche in den eigenen vier Wänden.

Dachflächen und Fassaden können für zusätzliche Energiegewinnung genutzt werden. Begrünung hat im Sommer kühlenden und Winter wärmenden Effekt, selbst Obst- oder Gemüseanbau ist in gewissen Formen möglich.
Insgesamt war der Vortrag für Laien, wie für Fachleute fundiert und verständlich. Viele auch schon sehr spezielle Nachfragen der interessierten Gäste konnten beantwortet werden.
Die Fraktion der Grünen im Rat der Stadt Emsdetten hatte für das jetzt in konzeptioneller Planung befindliche Stadtgebiet West einen gesunden Mix aus Ein- und Mehrfamilienhäusern in unterschiedlicher Bauweise gefordert und wird an diesem Vorhaben auch festhalten.

Für ebenso großes Interesse sorgte dann noch die Darstellung des genossenschaftlichen Konzeptes. Das bringt zwar viele Schwierigkeiten verwaltungstechnischer Art im Antragsverfahren mit sich, mit langem Atem kann aber auch das gelingen und für Emsdetten vortellbar sein.