„Das vergessene Geschenk“ – Weihnachtsgeschichten Teil 3

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Gestern hatten wir eine Kurzgeschichte. Für die Weihnachtserinnerungen von Beate Ahaus muss man sich schon etwas mehr Zeit nehmen. Als Dankeschön für diesen weihnachtlichen Beitrag gibt es einen Gutschein vom Schuhhaus Hölscher.

Das vergessene Geschenk

In der Weihnachtszeit erinnere ich mich immer sehr gerne an meine Kindheit zurück – besonders wenn es um die Bescherung geht.

Als ich ein kleines Mädchen war – ich war so ca. vier oder fünf Jahre alt – hatte ich mir sehnlichst ein Kinder-Xylophon gewünscht, da ich so gerne Musik machen wollte, und hatte es für das Christkind auf den Wunschzettel geschrieben.

Am Heiligabend wurde morgens mit meinen Eltern und Geschwistern der Tannenbaum mit silbernem Lametta geschmückt, auf die Spitze wurde ein silberner Stern und die Lichterkette an die Tannenzweige befestigt; zudem wurden selbst gebastelte Strohsterne angebracht. Nachdem der Tannenbaum komplett geschmückt war, wurde das Wohnzimmer abgeschlossen, da das Christkind ja am Abend kam und die Geschenke brachte. Ich glaubte fest ans Christkind und sagte, dass wir auf jeden Fall das Fenster einen Spalt auflassen müssten, damit das Christkind auch ins Wohnzimmer kommen könnte. Ich konnte es kaum abwarten bis es Abend war und schaute tagsüber immer aus dem Fenster, ob ich das Christkind sehen würde.

Abends wurde festlich gegessen, dann läutet meine Mama das Glöckchen und wir Kinder – mein vier Jahre älterer Bruder und meine sechs Jahre ältere Schwester – durften gemeinsam mit unserem Papa das Wohnzimmer betreten. Der Weihnachtsbaum strahlte in voller Pracht und unter ihm und auf dem Tisch lagen die Geschenke. Ich packte voller Freude die Geschenke aus. Es kam ein Schlafanzug zum Vorschein, ein Bilderbuch, eine Puppe und viele Süßigkeiten; zu der damaligen Zeit gab es keine großen oder teuren Geschenken, da das Geld meistens knapp war – aber man freute sich sehr über die Geschenke, die ja schließlich auf dem Wunschzettel standen … Aber mein so sehr gewünschtes Xylophon, was ganz oben auf meinem Wunschzettel stand, war nicht dabei. Ich war traurig und fragte meine Mama, ob das Christkind mit mir böse sei … Meine Mama wusste nicht, was ich meinte und sagte, dass das Christkind sicherlich nicht böse mit mir war, da ich ja so viele schöne Sachen bekommen hatte. Ja, das hatte ich – aber mein Xylophon war nicht dabei. Ich war etwas enttäuscht, aber ich hatte trotzdem etwas Freude an den anderen Geschenken. Somit nahm ich meine Puppe mit ins Bett und schlief friedlich ein.

Am Weihnachtstagmorgen ging es dann um 7.30 Uhr in die Kirche – dort nahmen wir an dem sehr festlichen Weihnachtsgottesdienst teil, was immer sehr schön war, obwohl es ziemlich früh war. Nach dem Kirchgang gab es dann Frühstück. Der Frühstückstisch war sehr schön im Wohnzimmer gedeckt (Weihnachten wurde ausnahmsweise im „guten“ Wohnzimmer gefrühstückt – sonst immer in der Küche). Als ich ins Wohnzimmer kam, sah ich auf meinem Platz ein Geschenk liegen. Ich war erstaunt und erfreut zugleich. Was war das? Ich packte das Geschenk aus und was kam zum Vorschein?? Ein Xylophon. Ich hatte vor Freude Tränen in den Augen und fragte meine Mama, ob sie das Christkind morgens gesehen hätte und ob es das Geschenk gestern vergessen hätte. Meine Mama schmunzelte und nahm mich in den Arm und sagte zu mir: „Zu lieben Kindern kommt das Christkind immer zweimal“.

Seitdem bekam ich – solange ich ans Christkind glaubte – jedes Jahr am 1. Weihnachtstag ein „Extra-Geschenk“ – es war nichts teures oder wertvolles; aber halt ein kleines Geschenk, was mir so viel Freude bereitete und für mich von Bedeutung war. Das war für mich immer ein Highlight, weil ich wusste, dass das Christkind mich so liebhatte und deshalb zweimal zu mir kam.

Später – als ich älter war – sagte meine Mama zu mir, dass sie sich an dem gewissen Heiligabend Gedanken gemacht und sich gefragt hätte, warum ich abends so traurig gewesen war … in der Nacht fiel ihr dann ein, dass sie noch ein Geschenk für mich bei sich im Zimmer versteckt hatte, was sie am Heiligabend vergessen hatte unter den Tannenbaum zu legen. Daher hatte sie es am 1. Weihnachtstag auf meinen Platz gelegt und weil meine Kinderaugen an dem Weihnachtstagmorgen noch mehr vor Freude glänzten, hatte sie sich vorgenommen, dass ich jedes Jahr morgens noch ein mit Absicht „vergessenes Geschenk“ bekam.

Ich habe lange mit dem Xylophon gespielt und erinnere mich, dass ich mich sehr spät von dem Spielzeug getrennt hatte, obwohl ich schon älter war und gar nicht mehr musizieren wollte. Aber das Xylophon lag mir irgendwie am Herzen, so dass ich mich nicht trennen wollte.

Ich denke so gerne an die Zeit zurück, auch wenn es schon über 50 Jahre her ist. Immer wenn ich im Schaufenster eines Spielzeugladens, in der Werbung oder in Filmen im Fernsehen oder im Internet ein Xylophon sehe, muss ich an diese besondere Bescherung denken und habe immer ein Lächeln im Gesicht.

Ich wünsche allen kleinen und großen Kindern ein schönes Weihnachtsfest und denkt bitte immer daran: seid nicht enttäuscht, wenn eure Wünsche nicht immer alle sofort in Erfüllung gehen oder ihr nicht das bekommt, was auf dem Wunschzettel steht … irgendwann gehen auch eure Wünsche sicherlich in Erfüllung.

Es ist so schön sich an die frühere Weihnachtszeit zu erinnern und daran zurück zu denken, um dann die Erinnerungen an die eigene Kindheit der Familie und den Freunden erzählen zu können.

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