AllesDetten zu Gast bei… Eva Riddering

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Sie ist in Emsdetten geboren, aufgewachsen und möchte hier auch alt werden: Eva Riddering, liebt ihre Heimatstadt, die Menschen. Dabei stand das Altwerden lange in Frage: nur wenige Wochen nach der Geburt wurde bei ihr ein Herzfehler diagnostiziert. Die Ärzte prophezeiten ihr damals lediglich ein halbes Jahr Lebenserwartung. Eine Operation hätte zum damaligen Zeitpunkt eine Erfolgschance von 10 % gehabt, die Eltern haben sich dagegen entschieden. Eva hat gekämpft, hat sich entwickelt, spärlich und kränkelnd aber sie wuchs heran. Später hieß es dann, sie würde es nicht bis zur Einschulung schaffen. Mittlerweile ist sie 37 Jahre alt, lebt mit dieser Behinderung. Eine Behinderung die auf den ersten Blick nicht erkennbar ist und dadurch häufig zu Irritationen führt. Mit ihrem angeborenen Herzfehler, Vitium cordis, ist die junge Frau im Alltag stark eingeschränkt. Jede körperliche Anstrengung muss vermieden werden. Fahrradfahren geht nicht, lange Wegstrecken laufen ist unmöglich, die Kiste Wasser ein absolutes no go. Um als Kind am „normalen“ Leben teilhaben zu können, war sie häufig auf den Rollstuhl angewiesen, musste immer jemanden haben, der sie schiebt, der eigene Antrieb mit den Armen…. Weil Evas Mutter hartnäckig geblieben ist, konnte Eva eine Regelschule besuchen. Körperlich stark eingeschränkt, sie konnte am Sportunterricht nicht teilnehmen und auch beim Toben auf dem Schulhof war sie immer zuschauender Außenseiter, geistig jedoch voll auf der Höhe, hat ihr Abitur gemacht.

AllesDetten hat sich in dieser Woche mit der ehemaligen Germanistik- und Philosophiestudentin im Café Mersmann an der Kirchstraße getroffen, lange und interessante Gespräche mit ihr geführt. Über Probleme des Alltags gesprochen. Mittlerweile ist Eva Riddering ausgebildete Logopädin, arbeitet halbtags in einer Praxis, vornehmlich nachmittags, sie betreut viele schulpflichtige Kinder. Ihr eigener Schulbesuch, das vierjährige Studium in Tübingen, die Ausbildung zur Logopädin, all das wäre nicht möglich gewesen, wenn ihre Mutter damals nicht rigoros dafür gesorgt hätte, dass Eva eine Chance bekommt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten am normalen Leben teilzunehmen.

Und genau dafür setzt Eva sich heute als 2. Vorsitzende des Inklusionsbeirates der Stadt Emsdetten ein. Sie will mit vielen Mitstreitern dafür sorgen, dass die hohe Dunkelziffer der Behinderten, die sich zuhause in den eigenen vier Wänden verschanzen, weil sie sich nicht nach draußen trauen, der Blicke wegen, aber auch der unüberwindbaren Hürden wegen, in Zukunft das Leben genauso unbeschwert genießen dürfen wie jeder andere auch.

Das bedeutet, dass Straßen, Wege, Gebäude unbeschwert erreichbar sind, das bedeutet aber auch – oder vielleicht noch mehr – dass die Gesellschaft die Menschen mit Behinderung in ihrer Mitte aufnimmt. Gegenseitige Rücksichtnahme, gelebt, als Normalität verstanden.

Fazit dieses Austausches hätte sein können „Behinderung gesellschaftsfähig machen“ im Sinne von uneingeschränkte Akzeptanz erzeugen. Eva Riddering hat den Satz spontan umgedreht, will die Gesellschaft „behinderungsfähig“ machen. Nicht (nur) akzeptieren sondern lernen damit normal umzugehen.

Das wird sicherlich ein langer Weg, ein Verhalten, das der heranwachsenden Generation mitgegeben werden muss. Eva Riddering, die ihre Berufung mit 100 % Leidenschaft erfüllt, ist bereit, diesen Weg zu gehen.

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