Jetzt melden sich die Bürgerinnen und Bürger aus Hembergen zu Wort. Über 450 Unterschriften im Namen der Elternschaft, des Bürgervereins, des Runden Tisches, des Sportvereins sowie weiterer Einwohner des Ortsteils rund um den Kindergarten St. Servatius haben nachfolgenden Antrag gestellt:
„Hiermit stellen wir von den Hembergener Bürgerinnen und Bürgern und der aktiven Elternschaft den Antrag, die Abstimmung zur Weiterentwicklung der Angebotsstruktur bei den katholischen Kindertageseinrichtungen in Emsdetten laut Beschlussvorlage mit Drucksache 84/2025 zu vertagen.
In den uns und Ihnen vorliegenden Unterlagen – Anlage 2 – teilt die Zentralrendantur Steinfurt, durch den Verwaltungsleiter Tobias Mühlhause mit Schreiben vom 02.04.2025, dem Jugendamt der Stadt Emsdetten – vertreten durch Petra Gittner, die Rückgabe der Trägerschaft zum 31.07.2026 unter anderem der Kita St. Servatius mit.
Begründet wird die Rückgabe wie folgt:
„Durch das Kinderbildungsgesetz sind kleinere Kindertageseinrichtungen strukturell benachteiligt“
Laut § 35 Absatz 1 KiBiz heißt es: „Bei eingruppigen Einrichtungen, die am 28.02.2007 in Betrieb waren, kann unter Berücksichtigung des Trägeranteils gemäß § 36 Absatz 2 ein weiterer Pauschalbetrag von bis zu 15.000€ geleistet werden, wenn der Träger ohne diesen zusätzlichen Betrag die Einrichtung nicht ausreichend finanzieren kann.“
- Wurde dieser Pauschalbetrag beantragt und für die Kita St. Servatius genutzt?
„Aufgrund der deutlich negativen Jahresergebnisse der Kindertagesstätten seit dem Kita-Jahr 2021/22 ff kann die Kirchengemeinde keinen Ausgleich im Verbund mehr leisten.“
- Welche Maßnahmen wurden seitens der Kirchengemeinde unternommen, um das Defizit auszugleichen oder für das kommende Jahr zu verringern?
- Welche Veränderung hat dazu geführt, dass seit dem Zeitpunkt die Lage defizitär wurde? War die Kita vorher wirtschaftlich?
„Für das Kita-Jahr 2024/25 liegt das Defizit für beide Einrichtungen aktuell bei 57.000€“
- Wie hoch ist das tatsächliche Defizit für die Kita St. Servatius?
- Woher kommen die beträchtlichen Unterschiede in den Summen der einzelnen Kita-Jahre, die tabellarisch angegeben sind?
„Zum einen ist der Personalschlüssel für ein- und zweigruppige Einrichtungen so gering, dass im Falle von Personalausfall fortlaufend Betreuungszeiten eingeschränkt werden müssen.“
Das KiBiz sieht für eine KiTa und Gruppenform I mit 20 Kindern und einer Betreuungszeit von 35 Stunden zwei Fachkräfte vor, mit einem Betreuungsstundensatz von mindestens 77 Stunden und maximal 99,5 Stunden.
Aufgrund der Proteste seitens der Kitas zu Politik und Land, wird eine Novellierung des KiBiz erwartet. Die in der Kita St. Servatius ausgefallenen Stunden sind bislang gering gewesen, was darauf schließen lässt, dass der Rahmen, in dem die Erzieher:innen ihre Arbeit leisten, gesund ist.
„In den beiden Kindertagesstätten kann den Eltern ausschließlich die Betreuungszeit von 25 und 35 Stunden im Block angeboten werden.“
- Die überwiegende Elternschaft kommt mit diesem Angebot aus. Alle Eltern, die damit nicht zurechtkommen, haben sich privat organisiert. Dies zeigt die Wichtigkeit einer Dorfkita für viele Familien in Hembergen.
Des Weiteren machen wir darauf aufmerksam, dass der Träger seiner Pflicht, „die Leitung der Einrichtung und die Elternschaft rechtzeitig und umfassend über wesentliche Entscheidungen in Bezug auf die Einrichtung zu informieren“ ( Kibiz § 10 Abs. 4 Teil1) unserer Meinung nach nicht nachgekommen ist.
In den beiden vorliegenden Schreiben wird die Rückgabe der Trägerschaft zum 31.07.2026 angegeben, „sollte es für den Neubau der Kindertagesstätte St. Jakobus als fünfgruppige Einrichtung politische Zustimmung geben, wäre die katholische Kirchengemeinde selbstverständlich dazu bereit, die beiden eingruppigen Kindertagesstätten Emmanuel-von-Kettler und St. Servatius bis zur Fertigstellung des Neubaus weiter zu betreiben“ unter diversen Voraussetzungen an die Stadt.
Diese Aussage führt nicht nur zu Planungsunsicherheiten bei den aktiven Eltern in Bezug auf die tatsächliche Schließung, sondern auch zu Unmut bei den Bürger:innen von Hembergen, Sinningen und Emsdetten, was wir aus Gesprächen mitnehmen konnten:
- Wieso sollten wir in diesen Zeiten die Betreuung in Massenkitas bevorzugen und fördern, wenn der Trend doch klar in die kleinere Betreuung geht?
- Viele Kinder zeigen Auffälligkeiten im Verhalten und Sozialkontakt, spätestens nach Corona. Warum in Groß Kitas unterbringen, wo die familiäre und intensive soziale Entwicklung schlechter umsetzbar ist, als in der kleinen behüteten Dorfkita, die mit Waldpädagogik, Ton- und Filzarbeiten auch die ruhigeren Kinder auffängt?
- Droht demnächst noch mehr Eltern die Notbetreuung, da das Personal in großen Einrichtungen dem Druck, Stress und Lärm nicht standhalten kann und sich krankschreiben lassen muss?
- Wir sind doch schon so viele, die gern in die kleineren Kitas möchten, um dem eigenen Kind den Trubel und täglichen Wahnsinn zu ersparen. Leider sind die Aussichten auf die Plätze am Tag der offenen Tür als eher gering angepriesen worden. Nur deshalb haben wir direkt eine andere Kita gewählt.
- Man könnte es Erpressung nennen, wie die Kirche mit der Stadt Emsdetten umgeht. Sowas sollte man sich nicht gefallen lassen und hinterfragen.
- Hat die Kirche nicht auch einen sozialen, gemeinschaftlichen Auftrag, statt nur wirtschaftlich Kitas zu betreiben? So muss man sich nicht wundern, wenn die Kirche auch keine neuen Gesichter mehr kennenlernt!
- Wie soll die Zukunft von Hembergen aussehen, wenn sich alle Kinder auf die Emsdettener Kitas verteilen, alle andere Grundschulen besuchen und sich gar nicht mehr kennenlernen können? Hier gibt es keine Kinder- und Jugendtreffs, hier gibt es einen Sportverein, der jedoch nicht die Aufgabe der Kita ersetzen kann. Die Kita ist ein Nährboden für langjährige Freundschaften unter den Kindern im Dorf.
- Seit 17 Jahren arbeite ich als Erzieherin in einer benachbarten Stadt. Wir haben uns unter den Erziehern auch ausgetauscht als wir von der Schließung hörten und möchten verdeutlichen, dass für Kinder, die in Großkitas nicht angemessen betreut werden können, aufgrund von Wahrnehmungsstörungen oder Reizverarbeitungsproblemen, diese kleineren Kitas so wichtig sind, damit sie in geborgenem und geschütztem Bereich wachsen und lernen können. Es kann und darf nicht am Geld entschieden werden.
- Warum muss alles höher schneller größer werden, dann auch noch auf Kosten unserer Kinder, unserer Zukunft!
- Wenn es die Kita in Hembergen nicht mehr gibt, bedeutet das für uns eine hohe finanzielle Belastung, da wir ein zweites Auto bräuchten. Bei den Kosten muss dann tatsächlich überlegt werden, wie wir das finanziell und organisatorisch stemmen können.
- Wenn alle Hembergener Eltern dann demnächst mit dem Auto quer durch Emsdetten fahren müssen, 4-mal täglich, dann ist das keine gut CO2 Allein das sollte Anlass genug sein, über diese Entscheidung nochmal nachzudenken.
- Wenn es die Kita im Dorf nicht gegeben hätte, worüber wir andere Eltern kennengelernt haben und inzwischen Freundschaften quer durch das Dorf geschlossen haben, hätten wir es als Zugezogene schwerer gehabt.
- Wenn die Kita hier geschlossen wird, wird auch der Standort für neue Familien unattraktiv. Dies kann für uns als Vermieter und später auch Verkäufer unserer Immobilie negativ sein.
Dies sind nur ein paar Eindrücke aus dem Feedback und unseren Gesprächen mit der Hembergener Bürgerschaft.
Die Anlage 1, verfasst seitens des Bischöflichen Generalvikariats, vertreten durch Gisela Niehues, an die Zentralrendantur Steinfurt bezieht sich auf folgende Punkte zur Begründung der Rückgabe der Trägerschaft, die wir hiermit hinterfragen:
Die Mietkosten werden für die Kita St. Servatius mit 22.910 € jährlich nach Abzug aller Förderungen angegeben.
- Belaufen sich die Kosten auf das gesamte Gebäude mit 525 m² Bruttofläche?
- Wurde hierbei berücksichtigt, dass die Kita lediglich die Fläche anteilig nutzt?
- Wurde die im OG befindliche Asylwohnung als Einkommensquelle berücksichtigt?
- Ist berücksichtigt worden, dass das Außengelände ein durch die Stadt öffentlich zugänglicher Spielplatz ist?
Bezugnehmend auf den weiteren Grund, das Gebäude sei energetisch abgängig werden zu hohe Heizkosten angegeben.
Bezugnehmend auf den weiteren Grund, das Gebäude sei energetisch abgängig werden zu hohe Heizkosten angegeben.
Das Gebäude ist denkmalgeschützt, wurde um 1906/08 erbaut, seitdem als Dorfschule genutzt, später dann als Kindergarten, aktuell als Kindertagesstätte.
Die im Schreiben des Vikariats bemängelte teure Ölheizung wird nicht ausschließlich für die Beheizung der Kita genutzt, sondern ebenfalls für die Wohnung im OG und ebenfalls für die Geräteräume des Löschzugs Hembergen.
- Wir fragen an dieser Stelle nach, sind die Heizkosten hier anteilig berechnet worden oder ausschließlich für die Kita St. Servatius?
Der nächste Aspekt ist die Berufung auf das aktuelle KiBiz. Hier erwähnt der Träger, die katholische Kirche St. Pankratius, eine „zu hohe Raummenge“, belegt sie mit der Bruttogesamtfläche von 525 m².
- Wie bereits genannt, nutzt die Kita die Räumlichkeiten im EG. Worauf stützt sich daher diese Aussage?
Laut KiBiz müssen für 20 Kinder 185 qm Fläche angeboten werden. Das EG der Kita weist eine wahrscheinlich höhere Grundfläche auf. Leider lagen bis zur Fertigstellung dieses Schreibens keine Grundrisse des Gebäudes vor.
Die Kita St. Servatius war über ein paar Jahre bis circa 2002 eine zweigruppige Einrichtung mit einem pädagogischen Sonderangebot. In diesem Fall ein Waldorfkindergarten, der sowohl Zuspruch aus Hembergen als auch aus der Stadt Emsdetten und der Gemeinde Saerbeck gefunden hat. Die damalige Leitung, Maria Sehrbrock-Vieth hat dafür gesorgt, dass die Nachfrage der Kita wieder gestiegen ist, auch weil es ihre Art war, Raum für Kinder zu schaffen, die sich nur schwer an die Alltagsstrukturen anpassen konnten.
- Wurde bei Bekanntwerden der defizitären Lage seitens des Trägers über eine im KiBiz erwähnte „§ 46 Qualifizierung“ gesprochen, die seitens des Landes zusätzlich gefördert wird, um die Lage der Kita zu verbessern und um noch attraktiver zu sein?
Der Verbund bemängelt für den Standort Hembergen, dass es nicht ausreichend Anmeldezahlen aus Hembergen selbst gegeben habe und man sich bereits Grevener Kinder „bedienen“ musste.
Wir möchten hier darauf hinweisen, dass dies zum einen Kinder aus einem Gebiet waren und sind, die Hembergen vor allem kirchlich zugehörig sind, jedoch durch die Eingemeindung am 01.07.1969 zu Greven zugeteilt wurden und somit die PLZ und Vorwahl von Greven-Reckenfeld nutzen.
Außerdem wird seit dem 16.10.2019, durch die Digitalisierung bei der Anmeldung über das „StEP-Portal“ der Wohnort nicht gewertet bei der Zusage für eine Kita.
So ist es einigen Hemberger Kindern nicht möglich gewesen, die ortsansässige Kita zu besuchen, sie wurden sogar abgelehnt.
Kinder aus Saerbeck und Emsdetten wurden bewusst in der Kita Hembergen angemeldet oder haben hierhin gewechselt, da sie aus sozialen und psychisch oder gesundheitlichen Gründen in eine kleine Kita wechseln wollten.
Die Betreuung in Hembergen ist nahezu familiär und persönlich und eine direktere Rücksprache mit den Eltern findet täglich zu Bring- und Abholzeiten statt. Auch in der aktuellen Situation befinden sich Kinder, die aus diesem Grund angemeldet wurden in Hembergen.
Für das Kitajahr 2026/27 sind seitens der Hembergener durch auch teils zugezogene Familien circa neun Kinder, die in dieser Kita angemeldet werden, soll(t)en.
Nach all den bisherig genannten Punkten möchten wir jedoch auf einen ganz besonderen Wert legen:
Wir möchten als Hembergener Bürger auf unser Dorfleben hinweisen, welches geprägt ist von einem starken sozialen Miteinander über alle Generationen hinweg.
Viele Situationen, wie zuletzt das Hochwasser um Weihnachten 2023 zeigen, wie wichtig der Zusammenhalt im Dorf für alle Einwohner ist. Es drohte ein Damm zu brechen und so die Lage für alle Bewohner der Straße „Im Bail“ und „Up´m Mersk“ dramatisch zu verschlechtern. Gebäude und Tiere waren in Gefahr. Kurzerhand lief über den Hembergener WhatsApp Chat, wo 280 Einwohner vertreten sind, eine Hilfsaktion wie sie besser nicht hätte ablaufen können. Mit Schubkarren und Schüppen bestückt, traf man sich an der gefährdeten Stelle und füllte gemeinsam mit THW und Feuerwehr Sandsäcke und verbrachte sie an die benötigte Stelle. Bewohner, die nicht anpacken konnten, versorgten mit Kaffee und Kuchen die Tatkräftigen vor Ort. Dies zeigt, wie sehr hier alle füreinander und miteinander einstehen.
Die Kita bildet hier einen Grundstein, wo sich Kinder kennenlernen, Freundschaften für das Leben schließen und nicht zuletzt bei den Brauchtumsfesten in Hembergen immer wieder zusammenfinden, auch wenn man bereits örtlich voneinander getrennt lebt.
Ebenfalls ist die Kita für alle zugezogenen Eltern die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen mit anderen Eltern.
Würde diese Einrichtung wegbrechen, hat dies starke negative Konsequenzen und Folgen für das Dorfleben.
In der „Begründung für den Bebauungsplan Nr. 82 Hembergen-Hilgenbrink“ vom November 1998, wird die Dorfkita als Dorfmittelpunkt genannt. Genau das trifft, nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf die Wirkung der Kita zu.
Bricht diese Mitte weg, zerstreut es das gesamte Dorfleben. Kinder gehen in verschiedene Kitas, besuchen verschiedene Schulen und werden auch im Dorf keine Gemeinschaft mehr in ihrer Generation erleben, so wie sie unter allen Älteren gebildet wurde. Brauchtumsfeste verlieren ihren Charakter und man entfremdet sich. Wir sind ein Dorf und wollen es bleiben, so wie wir sind. Anonymität gibt es in Städten mehr als genug und tut uns als Menschen nicht gut.
Wir haben, um diesen Punkt für alle zu verdeutlichen eine Liste mit Unterschriften beigefügt. In den damit einhergegangenen Gesprächen wurde deutlich, dass nicht nur die aktiven Eltern die Gefahr für das Dorfleben sehen, sondern auch viele weitere Hembergener Büger:innen. Auch ehemalige Einwohner:innen, die noch immer Bezug nach Hembergen haben, haben uns angesprochen und wollten sich an dieser Aktion beteiligen. Das sollte klar machen, welche starke Gemeinschaft Hembergen ausmacht.
Dafür bitten wir Sie alle, mit uns zu kämpfen für den fortlaufenden Betrieb der Kita in unserer Mitte. Gerne beteiligen wir uns konstruktiv an Gesprächen für ein zukünftiges Konzept, was für alle Seiten eine zufriedenstellende Möglichkeit bietet, den Standort weiter zu betreiben.
Bitte rechnen Sie durch, was es die Stadt kostet, wenn sie die Kita weiter betreibt. Bitte prüfen Sie alle angemerkten Punkte auf Richtigkeit und bitte prüfen Sie weitere Möglichkeiten, wie in diesem Schreiben bereits vermerkt, auf Umsetzbarkeit.
Damit man uns versteht, möchten wir allen die Möglichkeit bieten, die Hembergener Bürger und die Kita im Dorf am Donnerstag, 08. Mai 2025 um 16 Uhr kennenzulernen und laden Sie hiermit zu einem Treffen an der Kita, Dorfstr. 8 in Hembergen herzlich ein. Für Getränke und Verpflegung sorgt der Bürgerverein Hembergen und die aktive Elternschaft des Kindergartens, damit genügend Zeit und Kraft vorhanden ist, für einen soliden Austausch. Die Presse wird unsererseits ebenfalls zu diesem Termin eingeladen.
Machen Sie sich bitte ein Bild von der aktuellen Situation, der Nöte der Eltern und der Bürgerschaft und tauschen Sie sich mit uns aus, bevor Sie eine Entscheidung treffen, die unter Umständen enorme soziale Folgen für einen Teil der Emsdettener Bevölkerung haben wird.“
Die Liste der Unterzeichner liegt AllesDetten vor.ita-Diskussion2025
Danke für Ihre Nachricht. Wir werden diese schnellst möglich bearbeiten.