100 Jahre Reckenfeld: Münsterländische Freilichtbühne

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(Grafik: Schwegmann)

Ich komme eigentlich aus Steinfurt. Und trotzdem zog es mich schon als Kind immer wieder nach Reckenfeld. Der Grund? Die Freilichtbühne Reckenfeld. Es ist kein Geheimnis, dass die Freilichtbühne weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist und eine besondere Strahlkraft hat. Daher darf sie in unserer Serie zum 100-jährigen Jubiläum von Reckenfeld auf keinen Fall fehlen.

(Foto: Schwegmann)

Für diesen Artikel habe ich mich mit Gudrun und Erwin Maslanka getroffen, zwei Menschen, die wie kaum jemand anderes die Geschichte der Bühne verkörpern. Als wir uns über die Anfänge unterhielten, erzählte Gudrun Maslanka mit einem Lächeln, wie sie ihren Mann 1980 kennenlernte. Wenn sie ihn sehen wollte, musste sie zur Freilichtbühne gehen. Erwin Maslanka ist nämlich seit Januar 1974 aktiv dabei – da war er gerade einmal 22 Jahre alt.

(Foto: Sterthues)

Die Geschichte der Freilichtbühne begann 1947, als sie aus dem Heimatverein heraus gegründet wurde. Ihr Ziel war einfach aber ambitioniert: Theater spielen. Einer der Gründer war Lothar Fabian. Die ersten Aufführungen fanden in der Gaststätte Beckermann statt, die es heute nicht mehr gibt. 1953 entstand die erste richtige Freilichtbühne am Haus Marienfried, wo heute die Vogelstange steht. Ihren heutigen, festen Standort hat die Bühne seit 1962. Als Zeichen ihrer Bedeutung und Vernetzung ist die Freilichtbühne Reckenfeld auch Mitglied im Verband Deutscher Freilichtbühnen e. V. Die diesjährige Verbandstagung findet sogar hier in Reckenfeld statt.

(Foto: Marisa Sterthues)

Mitte der 1970er-Jahre gründete Erwin Maslanka die Jugendgruppe und Heidi Knieps die Kindergruppe. Davor gab es keine eigenen Gruppen für Kinder und Jugendliche. Heute sind diese Gruppen so beliebt, dass es sogar Wartelisten gibt – ein echtes „Luxusproblem“ der Freilichtbühne. Jährlich werden mittlerweile rund 150 Personen, inklusive Doppelbesetzungen, für ein Stück eingeplant. Hinzu kommen mindestens 25 Personen, die im Hintergrund mithelfen, sei es für Maske, Bühnenaufbau oder Kostüme. Insgesamt sind pro Saison etwa 250 Menschen im Einsatz. Und sie alle kommen nicht mehr nur aus Reckenfeld. Die Mehrheit bildet die Freilichtbühnen-Familie zwar immer noch vor Ort, aber es gibt mittlerweile viele Mitwirkende aus den umliegenden Städten und Gemeinden wie zum Beispiel aus Ibbenbüren.

(Foto: Schwegmann)

Mit rund 700 Mitgliedern, aktiv und passiv, ist die Freilichtbühne Reckenfeld eine feste Institution in der Region. Die Spielzeit läuft von Mitte Mai bis Mitte September, traditionell beginnt sie am Muttertag.

Szene aus „Pension Schöller“ 2019: Cathrin Herkt als Ulrike Pfeifer, Martje Lilly Drees als deren Tochter Ida und Vanessa Binnewies als Tochter Paula

Die Vorbereitung für eine Saison beginnt schon früh. Im Oktober findet, je nach Aufwand des Stückes, ein Casting statt, um die Rollen zu besetzen. Die ersten Proben können dann schon im November starten. Aber wie werden die Stücke überhaupt ausgewählt? Ein Gremium liest die Bücher und unterbreitet dem Vorstand Vorschläge. Dieser prüft dann, welche Rechte und Auflagen für das Stück bestehen. So darf beispielsweise im Umkreis nicht das gleiche Stück gespielt werden, um den Freilichtbühnen nicht gegenseitig die Zuschauer wegzunehmen.

(Foto: Marisa Sterthues)

Gudrun und Erwin Maslanka betonen, dass die Freilichtbühne eine echte Familiensache ist. Oft sind schon mehrere Generationen einer Familie dabei. Es ist wie eine zweite Heimat, in der jeder weiß, wo er anpacken muss.

Ein Stück ist den beiden besonders in Erinnerung geblieben: „Elixier“ aus dem Jahr 2006, bei dem Erwin Maslanka die Regie führte. Musik von der Band Die Prinzen wurde in das Stück eingebaut. Tobias Künzel, ein Mitglied der Band, kam sogar persönlich zur Premiere. Für dieses Stück sind Gudrun und Erwin Maslanka extra nach Bitterfeld gefahren, um Hintergrundinformationen zu sammeln – ein Beispiel für die Leidenschaft, die in jedes Detail fließt.

Die Freilichtbühne Reckenfeld lebt von ihrer Gemeinschaft und dem Spaß, in andere Rollen zu schlüpfen. Ohne die vielen helfenden Hände auf und hinter der Bühne wäre dies alles nicht möglich. Sie ist ein beliebter Anziehungspunkt für Theaterbegeisterte und ein Leuchtturm, der weit über die Grenzen von Reckenfeld hinaus strahlt.

Und welches Stück ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?   Reckenfeld100

(H I E R  finden Sie alle bisher erschienenen Beiträge zu dieser Serie)

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