Traumberuf Altenpflege?!

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(Foto: unsplash)

AllesDetten hat sich mit X. (Name der Redaktion bekannt) unterhalten, einer ausgebildeten Altenpflegerin, die bereits in jungen Jahren für sich entschieden hat, einen Pflegeberuf ausüben zu wollen. Fach-Abi mit Praktikum, dann Ausbildung, kurzzeitig in Festanstellung und mittlerweile auf eigenen Wunsch bei einer Zeitarbeitsfirma tätig. Dabei darf sie maximal 18 Monate in einer Einrichtung tätig sein. Aktuell steht wieder der Wechsel von einem Altenheim in eine Klinik bevor, in der sie vorher schonmal tätig war.

X. erinnert sich, dass das erste Praktikum und auch die Ausbildung schon hart waren: „Oft habe ich abends zuhause gesessen und geweint.“ Wenn ein Bewohner stirbt, das geht einem dann schon unter die Haut, – das sind Dinge, die man nicht so einfach wegstecken kann. Hier ist es, gerade zu Beginn der beruflichen Laufbahn, sehr schwer, nach Feierabend tatsächlich abzuschalten.

So ein ganz normaler Tagesablauf, der hat es in sich: 6:30 Uhr Dienstbeginn, Übergabe durch den Nachtdienst, Besprechung besonderer Vorkommnisse, Einlesen in die Berichte auch vom Spätdienst des Vortages (den Frühdienst hatte sie ja selber dokumentiert). Die Medikamente müssen zusammen gestellt werden. Der Flur, den sie betreut, hat 15 Bewohner, die müssen jetzt nach und nach aus den Betten geholt werden. Fieber messen, bei einigen den Blutdruck kontrollieren. „Einige sind noch so fit, dass sie im Bad alleine zurecht kommen, man muss vielleicht bei den Strümpfen helfen.“ berichtet die 24-jährige. Das lässt vermuten, dass es eben nicht bei allen so „glimpflich“ abgeht – und richtig: Wundversorgung gehört dazu, Toilettengang, die komplette Körperpflege, Ankleiden, die Betten machen, häufig auch neu beziehen, weil der Bewohner sich in der Nacht eingenässt hat. Häufig ist zusätzliche Schutzkleidung notwendig, ältere Menschen husten vermehrt, unkontrollierter Auswurf, der Kontakt mit den unterschiedlichsten Körperflüssigkeiten…
Bestenfalls hat der Spätdienst am Abend zuvor, die Kleidung zurecht gelegt. Gerade bei Demenzpatienten ist eine besondere Ansprache notwendig. Begleitung in den Frühstücksraum, hier muss möglicherweise das Frühstück angereicht werden. Zwischendurch werden Berichte geschrieben, die Temperatur, Blutdruckwerte, besondere Vorkommnisse werden dokumentiert. Der Spätdienst muss nachher wissen, ob der Bewohner am Tag genug getrunken hat oder man über eine Infusion dem Körper noch Flüssigkeit zuführen muss. Wurde ausreichend oder zu wenig gegessen? „Bei Demenz kommt es schon mal vor, dass sechs Stück Kuchen hintereinander verputzt werden…“
All die Hilfestellungen die hier gegeben werden haben auch zum Ziel, dass die Person möglichst viel trotzdem noch alleine bewältigen soll. Neben der Pflegetätigkeit sind die Gespräche mit den Bewohnern ganz wichtig. Gefühle, Ängste auffangen, miteinander Lachen, einfach nur da zu sein und zuhören. „Gerade jetzt während der Corona-Pandemie, wo Besuche nur beschränkt möglich sind, müssen wir noch häufiger anwesend sein.“  Nach dem Frühstück bleibt Zeit für eine eigene kurze Pause. Es kann auch vorkommen, dass ein Bewohner die Orientierung verliert.
Die Hauswirtschafter sorgen mittlerweile für das Mittagessen. Für die Pflegekräfte beginnt erneut gleiches Prozedere. „Die Bewohner haben alle ihre eigene Biographie, die dem Pflegepersonal in großen Teilen bekannt ist.“ Darauf versucht man dann häufig einzugehen, daraus entwickeln sich Gesprächsthemen. Aber auch liebgewonnene Gewohnheiten, die möglichst beibehalten werden sollen, gehen daraus hervor.
Zwischendurch Kommunikation mit den zuständigen Ärzten, Auffälligkeiten, Eindrücke, mögliche Änderungen in der Medikation. Gespräche mit Angehörigen, die sich über das Befinden informieren, sich auch mal bedanken. Es gibt aber auch welche, die verschiedene Dinge nicht verstehen, Maßnahmen nicht nachvollziehen können. Denen muss man dann die Notwendigkeit erklären. Nach dem Essen häufig ein kurzer Mittagsschlaf, auf dem Bett, im Sessel, andere gehen kurz in den Garten…

So sieht also ein Tag für die Pflegekräfte aus, aktuell zusätzlich noch den Vorgaben der Coronaschutzverordnung unterliegend, die FFP2-Masken werden acht Stunden, während der ganzen Schicht getragen. Überdies kommt hinzu, dass man es hier mit Menschen zu tun hat, die, genau wie man selbst, Tagesformen und -launen unterliegen. Jeder Mensch ist ein Individuum, hinter jeder Zimmertür steckt ein anderes Schicksal.

Die Situation ist derzeit tatsächlich so, dass das Personal vielfach an die Grenzen kommt, was die persönliche Belastbarkeit angeht, aber auch des ganzheitlichen Systems. Sollten hier coronabedingt größere Ausfälle auftreten, sind diese nicht zu kompensieren, zumindest nicht mit ausgebildeten Fachkräften.

„Es gibt sicherlich Jobs, die noch schlechter bezahlt sind – aber reich wird man hier nicht.“ kommt der Hinweis, dass das Geld zum Leben, nicht aber für Rücklagen oder mal eine größere Investition/Urlaub reicht. Und dennoch macht sie ihren Job gerne: „Die Arbeit mit den Menschen, deren Dankeschön, wenn sie einem durchs Gesicht streicheln, das sind schon schöne Momente.“

 

 

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